10.12.13
Estrela nennt die
Mehrheitsentscheidung gegen die Annahme ihres Berichtes eine
schändliche Abstimmung
(MEDRUM) Das EU-Parlament hat
sich mehrheitlich für die von der EVP eingebrachte alternative
Resolution entschieden und damit die Estrela-Entschließung abgelehnt.
Die portugiesische Abgeordnete und Berichterstatterin reagierte wütend
und beschimpfte ihre Kollegen, die ihrer Entschließungsvorlage nicht
zustimmten.
Mehrheit
für alternative Resolution
Nachdem der Tagesordnungspunkt "Estrela-Bericht"
(Entschließung über "Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte")
aufgerufen wurde, wurde vorweg über eine alternative Resolution zum
Estrela-Bericht abgestimmt, die von der EVP-Fraktion
(Christdemokraten) eingebracht worden war. Von 669 Abgeordneten
stimmten 334 für die alternative Resolution und 327 dagegen bei 35
Enthaltungen (Bildausschnitt aus Live-Stream links). Damit erhielt die
alternative Entschließung eine knappe Mehrheit und war die von Edite
Estrela als Berichterstatterin des Ausschusses für die "Rechte der
Frau und Gleichstellung der Geschlechter" vorgeschlagene Entschließung
abgelehnt. Ihr Appell, den Estrela vor der Abstimmung an das Parlament
richtete, die Abgeordneten sollen Mut zu haben, damit ihr Bericht
angenommen werde, verhalf ihr ebenso wenig zu einer Mehrheit wie ihre
Behauptung, ihr Bericht beachte das Subsidiaritätsprinzip.
Estrelas wütende Reaktion
Die Abgeordnete Estrela meldete
sich nach der Abstimmung sofort zu Wort und reagiert sehr verärgert:
"Ich bedaure es, dass nur mit wenigen Stimmen Heuchelei und
Obskurantismus Oberhand gewonnen haben und damit die Rechte der Frauen
geschmälert werden. Ich bedaure es, dass in diesem Parlament die
fundamentalistischen Strömungen vorherrschen. Ich möchte, dass mein
Name von diesem Abstimmungsergebnis gestrichen wird." Danach nannte
sie die Entscheidung des Parlamentes eine "schändliche Abstimmung."
Beleidigung
zurückgewiesen
Die Wortmeldung eines
Abgeordneten, der gegen den Estrela-Bericht gestimmt hatte, entgegnete
in seiner Wortmeldung unmittelbar: "Ein echter Demokrat akzeptiert
eine Abstimmung und passt sich auch diesem Ergebnis an. Es ist nun so,
dass die Abgeordnete Estrela verloren hat. Und nun beleidigt sie uns
und wirft uns Heuchelei vor. Natürlich hat Frau Estrela das Recht auf
eine eigene Meinung, aber ich lasse mich nicht beleidigen. Frau
Estrela hat gezeigt, dass sie keine Demokratin ist. Das was Frau
Estrela gesagt hat, ist eine Schande für Europa, auch eine Schande für
die Sozialisten."
Klaß warb für
alternativen Entschließungsantrag
Christa Klaß, Europaabgeordnete
der Region Trier, hatte zuvor für die alternative Resolution geworben
und gegenüber MEDRUM zum Estrela-Bericht erklärt: "Ich bin der
Auffassung, dass Europa in dieser Angelegenheiten keinerlei
Entscheidungsmacht hat. Dies stellen wir auch im anliegenden
alternativen Entschließungsantrag deutlich dar, für dessen
Unterstützung ich in der heutigen Abstimmung werbe. Der Antrag weist
auf die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten und das
Subsidiaritätsprinzip hin. Eine Annahme der alternativen Resolution
würde zur Ablehnung des Estrela-Berichts führen."
Mit der Annahme der alternativen
Entschließung war das Eintreten von MdEP Klaß und ihrer Fraktion
erfolgreich. Die Alternative Resolution lautet:
The European Parliament,
– having regard to
Article 168 of the Treaty on the Functioning of the European Union
concerning Public Health and in particular Article 168-7 which states
that "Union action will respect the responsibilities of the
Member States for the definition of their health policy and for the
organisation and delivery of health services and medical care",
– having regard to the
Programme of Action of the 1994 Cairo International Conference on
Population and Development and to the Programme of Action of the 1995
Beijing World Conference on Women.
A. whereas the Cairo ICPD
Programme of Action gives a definition of Sexual and Reproductive
Health and Rights;
1. Notes that the
formulation and implementation of policies on SRHR and on sexual
education in schools is a competence of the Member States;
2. Notes that even though
it is a competence of the Member States to formulate and implement
policies on Health and on Education, the EU can contribute to
the promotion of best practices between Member States;
3. Instructs its President
to forward this resolution to the Council, the Commission, the
governments and national parliaments of the Member States, the EU
Agency for Fundamental Rights and the UN Secretary-General.
Katholische Bischöfe
gegen Estrela-Entschließung
Gegen eine Annahme des
Estrela-Berichtes, in dem insbesondere die Einführung eines Rechtes
auf Abtreibung gefordert wird, hatte sich auch die deutsche
Bischofskonferenz ausgesprochen und massive inhaltliche Kritik geübt:
"Wie ein roter Faden zieht
sich die Infragestellung bzw. Marginalisierung elementarer
Menschenrechte wie der Menschenwürde, des Rechts auf Leben und der
Gewissensfreiheit durch den Bericht. Ein vermeintliches Recht auf
Abtreibung wird propagiert, hinter dem alle anderen Rechte
zurückzutreten haben. Insbesondere das Recht, die Mitwirkung an einer
Abtreibung aus Gewissensgründen abzulehnen, soll generellen
Einschränkungen und staatlicher Aufsicht anheimgestellt werden. Es
wird gewissermaßen zum Recht dritter Klasse degradiert.
Im Hinblick auf die
Sexualerziehung von Kindern und Jugendlichen wird außerdem das
Elternrecht missachtet. Die Eltern werden lediglich als weitere
Beteiligte, nicht aber als die Inhaber der elterlichen Sorge gegenüber
ihren Kindern in die Fragen der sexuellen Aufklärung einbezogen."
Für die Bischöfe waren - neben
den Verfahrensmängeln, die besonders auch durch den EU-Parlamentarier
Martin Kastler in einem Offenen Brief an den Parlamentspräsidenten
gerügt wurden - diese "Kritikpunkte" so schwerwiegend, dass sie den
Abgeordneten dringend empfohlen hatten, den Bericht abzulehnen.
Protest der CDL und FAFCE
Auch die Föderation der
katholischen Familienverbände in Europa (Federation of Catholic Family
Associations in Europe, FAFCE) hatte sich gegen die Forderungen des
Estrela-Berichtes ausgesprochen. Er sei der EU unwürdig. Wörtlich
stellte die Föderation in einer umfassenden Analyse fest:
Alle Bürger der EU haben das
Recht auf Gesundheitsversorgung, Schutz und Unterstützung. Jedoch
findet keines dieser Ziele im von Frau Estrela vorgelegten Text eine
angemessene Antwort.
Massive Kritik am Estrela-Bericht
war im Vorfeld der heutigen Abstimmung auch von den Christdemokraten
für das Leben geübt worden. Mit einem von Estrela vorgeschlagenen
"Recht auf Abtreibung" werde das Recht auf Leben des ungeborenen
Menschen missachtet, so ein Kernpunkt der Kritik der CDL (MEDRUM
berichtete).
Demo vor dem EU-Parlament
Gegen die Annahme des Berichtes
hatte sich ebenso eine Demonstration von EU-Bürgern ausgesprochen.
Mehrere hundert Bürger appellierten vor dem EU-Parlament am Montag an
die Abgeordneten, den Estrela-Bericht zurückzuweisen.
Quelle:
http://www.medrum.de/content/estrela-wuetend-eu-parlament-lehnt-ihren-bericht-ab-und-stimmt-fuer-alternative-entschliessung