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Wenn ihr die Augen nicht braucht, um zu sehen,

 werdet ihr sie brauchen, um zu weinen!

 Jean Paul (1763-1825)

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Herzschlag

eines Kindes

(10. Schw. woche)

Wo eine Gesell-schaft sich dazu verführen läßt, be-stimmte Personen als nicht voll menschlich und daher minderwertig und ohne Anspruch auf Achtung zu be-trachten, dort sind die kulturellen Vor-aussetzungen für einen menschlichen Holocaust gegeben.

 

Ronald Reagan "Recht zum Leben" S.24/25

 

Lautstarkes Schweigen

Von Claudia Kaminski

 

 

Man müßte keine einzige der Thesen Thilo Sarrazins teilen und könnte doch dafür eintreten, daß er diese äußern darf, ohne daß gleich ein Exempel an ihm statuiert wird. Dabei ist der Jobverlust des 65jährigen Bestseller-Autors noch relativ harmlos verglichen mit dem, was Lebensrechtlern hierzulande blüht, wenn sie es wagen, gegen die Political Correctness im Land zu verstoßen.

Sie werden etwa, wie der Weinheimer Lebensrechtler Günter Annen, vor Gerichte gezerrt, wenn sie vor einer Abtreibungsklinik Flugblätter verteilen und darauf hinweisen, daß dort „rechtswidrige Abtreibungen“ vorgenommen werden. Das ist insofern ein Skandal, als laut Paragraph 218 Strafgesetzbuch vorgeburtliche Kindstötungen, die bis zur zwölften Schwangerschaftswoche durchgeführt werden, tatsächlich „rechtswidrig“ sind. Der Staat verzichtet lediglich auf Strafe, sofern sich die Schwangere zuvor beraten ließ und die Beratung nachweisen kann. Annen hat also nicht einmal eine Meinung geäußert, sondern bloß ein Faktum in Erinnerung gerufen.

Der lange Weg des Günter Annen durch die Instanzen der Justiz, der erfreulicherweise mit einem Freispruch endete, ist aber auch deswegen so interessant, weil die Kläger argumentierten, die Ärzte, vor deren Klinik er protestierte, würden durch seinen Protest öffentlich an den Pranger gestellt, was ihr Persönlichkeitsrecht verletze. Das bedeutet: Man soll ein Unrecht nicht Unrecht nennen dürfen, wenn dadurch ein Schatten auf die Person geworfen wird, die es begeht. Parallelen zur Sarrazin-Debatte liegen auf der Hand.

 

Subventionierter Rechtsbruch

Offensichtlich hat sich die Politik mit der vorgeburtlichen Kindstötung längst abgefunden. Der Abbruch einer Schwangerschaft, der nie ohne die Tötung eines Menschen im Mutterleib zu haben ist, wird, wenn er auch politisch nicht unbedingt gewollt ist, so immerhin doch toleriert. Nicht nur, daß der Staat darauf verzichtet, Ärzte zur Rechenschaft zu ziehen, die von der vorgeburtlichen Tötung von Kindern leben. Er subventioniert den offenkundigen Rechtsbruch jedes Jahr auch noch mit rund vierzig Millionen Euro.

Was viele nicht wissen: Die Kosten, die den Gesetzlichen Krankenkassen durch die Übernahme von Abtreibungen entstehen, werden ihnen aus den Steuereinnahmen der Bundesländer erstattet. Mit anderen Worten: Der Staat zwingt seine Bürger, mit ihren Steuern Taten zu finanzieren, die er für rechtswidrig erachtet.

Lebensrechtler müssen aber nicht nur mit solchen Absurditäten und damit leben, als unbescholtene Bürger vor Gericht zu landen. Sie müssen auch üble Beschimpfungen und die Androhungen körperlicher Gewalt hinnehmen, wenn sie daran erinnern, daß jeder Mensch – auch der versehentlich gezeugte – ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit besitzt. Manche von ihnen haben sogar schon Morddrohungen erhalten. Wer sich für das Grundrecht auf Leben von Menschen einsetzt, der muß sich heute zunächst ein anderes Grundrecht „erstreiten“. Nämlich das, frei seine Meinung zu äußern.

 

So wundert es denn auch nicht, daß jetzt linke Organisationen unter dem Motto „Tausend Kreuze in die Spree“ zur Störung des friedlichen Schweigemarsches aufgerufen haben, mit dem Lebensrechtler aus ganz Deutschland an diesem Samstag in Berlin auf das Unrecht der Abtreibung hinweisen werden. Nach einer Kundgebung, die um 13 Uhr auf dem Platz vor dem Roten Rathaus stattfindet, werden 1.000 weiße Kreuze wortlos durch die Hauptstadt bis zur Hedwigskathedrale hinter der Staatsoper getragen.

Die 1.000 Kreuze symbolisieren die Zahl der ungeborenen Kinder, die jeden Werktag in Deutschland ihr Leben verlieren, weil unsere Gesellschaft Frauen, die ungewollt schwanger werden, keine andere „Hilfe“ anzubieten weiß, als die, diese Kinder töten zu lassen.

Dabei wissen die Lebensschützer aus ihrer sozialen Arbeit: Nur ganz selten können sich Frauen das Leben mit einem ungeplanten Kind überhaupt nicht vorstellen. Meist handelt es sich um durchaus lösbare Probleme, die hinter dem vermeintlichen Abtreibungswunsch stehen. Probleme, deren Bewältigung sich die Frauen, weil sie – wenn sie außerplanmäßig schwanger werden – von ihrem Umfeld nicht selten völlig allein gelassen werden, nicht mehr zutrauen.

 

Mütter als Verräterinnen an ihrem eigenen Geschlecht

Arbeitslosigkeit oder eine begonnene Ausbildung, fehlende Krankenversicherung oder eine bereits jetzt zu kleine Wohnung – all das und vieles mehr – sind grundsätzlich lösbare Probleme. Und häufig stellt man fest: Kann hier geholfen werden, können die Lebensschützer hier helfen, dann wollen die Mütter ihre Kinder gar nicht mehr abtreiben.

Doch wer auf diese Dinge hinweisen will, hat es schwer in Deutschland. Es gibt radikale Feministinnen, die Mütter als Verräterinnen an ihrem eigenen Geschlecht begreifen. Als tolerante Menschen sind viele Lebensschützer – obwohl diese These ja schon aus logischen Gründen abzulehnen wäre; schließlich gäbe es radikale Feministinnen ohne den „Verrat“ ihrer Mütter gar nicht – dafür, daß jeder, der diese Ansicht vertritt, sie auch äußern können muß.

Sie erwarten aber auch, daß diese Feministinnen den Lebensschützern das Recht zugestehen, für das Lebensrecht von wehr- und schutzlosen Kindern auf die Straße zu gehen und friedlich demonstrieren. In den vergangenen Jahren war das, etwa in München, Münster oder Berlin, ohne Polizeischutz in unserem Land nicht mehr möglich. Und selbst dann wurden Straßen blockiert, Farbbeutel geworfen und Lebensrechtlern gewaltsam Kreuze entrissen. Das Motto der angekündigten Gegendemonstration: „1.000 Kreuze in die Spree“ läßt vermuten, daß für den Schweigemarsch in Berlin erneut ähnliche Aktionen geplant sind.

So wird am Samstag in Berlin nicht nur für das Lebensrecht der Schwächsten demonstriert. Es gilt auch zu zeigen, daß wir uns das Recht auf freie Meinungsäußerung in diesem Land nicht nehmen lassen!  

 

Artikel von:

Dr. Claudia Kaminski ist Ärztin und Bundesvorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“ e.V. .

veröffentlicht in der Zeitschrift "Junge Freiheit" Nr. 38/10  17.Sept.2010

 

 

 

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